SC Sendenhorst I – SF Drensteinfurt 5,5:2,5

Verdiente Niederlage im Derby

Mit gemischten Gefühlen fuhren wir am zweiten Spieltag zum Derby nach Sendenhorst. Auf der einen Seite hatten wir noch Rückenwind von unserem Sieg gegen starke Nordkirchener am ersten Spieltag, auf der anderen Seite hatten wir aber auch gesehen, dass Sendenhorst am ersten Spieltag gegen Dülmen – den Verbandsklassenvertreter des Vorjahres – einen beeindruckenden Sieg einfahren konnte. Eins war uns klar: wenn Sendenhorst ihre Topspieler an die Bretter bekommen würde, dann sind sie ganz klarer Favorit und das vor Allem an den vorderen Brettern.

Wie oben bereits angedeutet, haben wir uns die vollen Punkte eher an den hinteren Brettern ausgemalt. Diese Vorstellung wurde durch den erneuten Einsatz unseres Topscorers Jo untermauert. Dieser rückte als Ersatzspieler kurzfristig nach, da Kiara leider krankheitsbedingt absagen musste. Angekommen im Spiellokal der Gastgeber wurden wir sehr freundlich empfangen. Kaum eine Mannschaft kennen wir so gut wie unsere Nachbarn aus Sendenhorst und daher reichte ein Blick, um abzuschätzen, wer heute spielen würde und wer nicht. Und damit hatten wir ab hier die klare Gewissheit: unsere Gastgeber meinen es heute ernst – sie sind tatsächlich noch stärker vertreten als wir im Vorhinein befürchtet hatten.

Nach kurzem Plausch schlug auch schon die Kirchenglocke auf der anderen Straßenseite 4 und wir starteten pünktlich in die Partien. Die Eröffnungen sind zum Teil höchst unerwartet verlaufen. An den ersten beiden Brettern sind wir sehr gut aus den Eröffnungen gekommen, an den übrigen Brettern eher weniger gut, bis hin zu sehr schlecht. Der oben beschriebene Plan hat damit bereits gewackelt.

Allem zum Trotz, konnten wir zwischenzeitlich tatsächlich in Führung gehen. Die erste Partie, die entschieden wurde, war die von Jo. Obwohl Jo nicht sehr gut aus den Startlöchern kam, konnte er sich langsam, aber sicher konsolidieren. Sein Gegner wollte das anscheinend nicht wahrhaben und versuchte einen Sieg über den Zaun zu brechen. Er opferte erst eine Figur, weil er sich einen Mattangriff erhoffte und weil dies nicht zum gewünschten Ergebnis führte, steckte er noch eine zweite Figur ins Geschäft. Doch auch das zweite Opfer hat nicht zum erfolgreichen Mattangriff ausgereicht. Damit hatte Jo gleich zwei Mehrfiguren und konnte als Folge mit den Türmen auf der zweiten Reihe eindringen. Das hat für den vollen Punkt ausgereicht. (0:1)

Nicht erhöhen, aber den Abstand konstant halten konnten Bernd und ich. Meine Partie war sehr positionell angelegt. Ich konnte früh ein starkes Zentrum errichten und habe dieses versucht, solide zu halten. Mein Gegner hat sich als Folge hinten reingestellt und versucht einfach auszuharren. Leider habe ich etwas ungenau fortgesetzt und plötzlich war die Stellung wieder ausgeglichen, bei wenig Zeit auf beiden Uhren. Eine Punkteteilung war daher etwas früh, aber nicht ungerechtfertigt. (0,5:1,5)

Bei Bernd sah das Bild gleichzeitig recht ähnlich und komplett anders aus. Statt größerer positioneller Vorteile hatte er einen Mehrbauern erobern können. Leider hat Bernd im Folgenden „zu devot weitergespielt“. Dadurch konnte sein Gegner Druck gegen Bernds Stellung aufbauen, bis Bernd sich trotz des Mehrbauern gar nicht mehr wohlfühlte. Auch hier einigte man sich unausgefochten auf Remis. (1:2)

Von hier an nahm die Katastrophe, wenn auch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unerwartet, seinen Lauf. Vier der verbliebenen fünf Partien gingen an unsere Gegner:

Zuerst musste Marco die Segel streichen. Bereits in der Eröffnung ging ein wichtiger Zentrumsbauer verloren, weil die einzige, deckende Figur einem Abtausch zum Opfer fiel. Wenig später wurde noch die Dame vom Läufer auf a6 aufgespießt. Der Spieß resultierte in einem Läufertausch auf c1, was Marco die Rochade kostete. Alles in allem stand nach der Eröffnung also eine vollkommen intakte Stellung einer Stellung mit Minusbauern, Doppelbauern und einem im Zentrum festhängenden König gegenüber. Auch wenn Marco gewohnt wenig devot weiterspielte, reichten die erzielten Vorteile seinem Gegner aus, um die weiße Stellung bis zur Aufgabe zu massieren. (2:2)

Die Partie von Maurice war recht unorthodox. Eigentlich hatte er eine Standardstellung mit Standardmanövern. Doch dieses Mal entschied er sich, etwas kreativere Ideen auszuleben. Die Dame wanderte auf ein eher untypisches Feld und der h-Bauer zündete den Turbo, um mit Vollgas auf den gegnerischen König zuzurasen. Für mich als Zuschauer sah das erst einmal beeindruckend aus. Tatsächlich führte es aber dazu, dass wichtige Tempi bei der Entwicklung verloren gingen. Als Folge bekam Maurice Schwierigkeiten auf f7. Zwei Springer nahmen den Punkt unter Beschuss und sorgten dafür, dass Maurices König und einer seiner Springer auf der achten Reihe an dieses Feld gebunden wurden. Sein Gegner hätte mit etwas energischerem Spiel vermutlich kurzen Prozess machen können, jedoch lies er es eher ruhig angehen (um nicht zu sagen devot…). Dank des ruhigen Spiels seines Gegners, schien es mir, als hätte sich Maurice mit geeignetem Gegenspiel noch herauswinden können. Doch er tauschte die Figuren unter Tempoverlust ab, sodass der Gegner erneut Druck bekam. Das Endspiel war dann nicht mehr zu verteidigen. (3:2)

An Brett sieben konnte Moritz einen vollen Punkt einfahren. Doof nur aus unserer Sicht: es war nicht der Drensteinfurter Moritz. Unser Moritz kam bereits früh in Schwierigkeiten, weil er seine weißen Felder zu sehr schwächte. Sein Gegner konnte mit Dame und beiden Springern die geschwächten Felder f3 und h3 unter Beschuss nehmen. Moritz sah sich daher gezwungen, die Königsstellung etwas zu öffnen. Sein f-Bauer tauschte sich gegen den e-Bauern, was wiederum den Punkt g3 schwächte. Das nahm der Sendenhorster zur Einladung, einen Springer zu opfern und dafür den weißen König komplett freizulegen. Zwar konnte Moritz den Damenangriff noch abwehren, jedoch gesellte sich zu dem g- und dem h-Bauern noch ein weiterer Mehrbauer auf schwarzer Seite. Im Mittelspiel würde man häufig die Mehrfigur den drei Bauern vorziehen. Jedoch befanden sich die Kontrahenten nach dem Damentausch im tiefsten Endspiel und mit den drei Mehrbauern und dem deutlich aktiveren König sah sich Moritz‘ Springer sichtlich überfordert. (4:2)

Damit reichte den Sendenhorstern lediglich ein halber Punkt für den Mannschaftssieg. Das sah auch Tillys Gegner und bot Remis, was Tilly annehmen musste. Wieso musste er es annehmen? Sein Gegner hatte einen weit vorgerückten Mehr-Freibauern, den Tilly mit voller Macht blockieren musste. Sein Gegner wäre aufgrund ungleichfarbiger Läufer zwar nicht durchgekommen, aber auf Gewinn spielen konnte Tilly in so einer Stellung auch nicht. Doch wie ist es zu diesem Mehrbauern gekommen? Tilly ließ im Mittelspiel seinen Bauern auf b6 ungedeckt, weil er dachte, dass sein Gegner den sowieso nicht nehmen dürfe. Der Computer teilt diese Einschätzung, allerdings hat der Computer – anders als wir – auch gesehen, dass man nur ein Turm-Scheinopfer spielen muss und als Folge entweder Material gewinnt oder als Gegenwert für den Turm vernichtend in die gegnerische Königsstellung eindringen könnte. Ohne dieses Scheinopfer entstand aber einfach eine Stellung mit Minusbauern, die Tilly bis zu der Remis-Vereinbarung verteidigen musste. (4,5:2,5)

Als letzter saß dann noch Arne am Brett, was nach der Eröffnungsbehandlung eigentlich erstaunlich war. Arne hatte während der Eröffnung einen kompletten Black-Out. Sein Gegner konnte früh Druck auf die Königsstellung ausüben. Dabei gingen bei Arne gleich zwei Bauern verloren. Eigentlich eine bereits aufgabereife Ausgangssituation. Doch sein Gegner ließ auch nochmal Federn. Im weiteren Verlauf gingen die beiden Mehrbauern wieder verloren. Allerdings kamen diese Einsteller für Arne zu spät. Denn auch bei Bauern gilt manchmal: Qualität ist wichtiger als Quantität. Die verbliebenen Bauern waren auf der gegnerischen Seite klar stärker und nicht mehr aufzuhalten, da sie vom König unterstützt wurden und Arne keine Hebelwirkung bei seinen eigenen Bauern generieren konnte. (5,5:2,5)

Alles in allem waren die Sendenhorster an diesem Spieltag die klar stärkere Mannschaft und haben verdient gewonnen.

Yannic Bröker